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17. KAPITEL

Vom Kap Horn nach dem Amazonas

Wie ich auf die Plattform kam, weiß ich nicht zu sagen. Vielleicht hatte mich der Kanadier hinaufgetragen. Aber ich atmete, schlürfte die belebende Seeluft. Meine beiden Gefährten an meiner Seite tranken in vollen Zügen die Erfrischung. Die Unglücklichen, die lange Zeit die Nahrung entbehrten, dürfen nicht unbesonnen über die erste Nahrung, die sich bietet, herfallen. Wir dagegen brauchten uns nicht zurückzuhalten, konnten unseren Lungen die volle Erquickung des Einatmens gönnen, und der Seewind selbst übergoss uns mit dieser Wonne der Trunkenheit.

»Ach!« sagte Conseil, »wie erquickend ist der Sauerstoff ! Jetzt braucht mein Herr nicht mehr mit Angst zu atmen. Es ist genug da für jedermann!«

Ned Land sagte nichts, aber er sperrte die Kinnladen auf, dass ein Haifisch erschrecken konnte. Und was für kräftige Atemzüge!

Allmählich kamen uns wieder die Kräfte, und als ich um mich

blickte, sah ich, dass wir uns allein auf der Plattform befanden. Von der Bemannung nicht ein einziger; auch Kapitän Nemo nicht. Sonderbar genug begnügten sich die Seeleute mit der innen befindlichen Luft.

Meine ersten Worte waren Worte des Dankes und der Erkenntlichkeit gegen meine beiden Gefährten. Ned und Conseil hatten

während der letzten Stunden dieses Todeskampfs mein Dasein verlängert. Ich konnte ihnen für diese Hingebung nicht genug Dankbarkeit zollen.

»Lassen Sie das, Herr Professor«, erwiderte Ned Land, »es ist nicht der Mühe wert, davon zu reden! Wir hatten kein Verdienst dabei. Es war nur ein Rechenexempel. Ihr Dasein ist mehr wert als das Unsrige. Darum musste es erhalten werden.«

»Nein, Ned«, versetzte ich, »es war nicht mehr wert. Über einen edlen und guten Menschen geht nichts, und das seid Ihr!«

»Gut! Gut!« wiederholte der Kanadier in Verlegenheit.

»Und du, lieber Conseil, hast recht zu leiden gehabt.«

»Doch nicht allzu sehr, offen gesagt. Es fehlten mir zwar einige Schluck Luft, aber ich glaube, ich würde mich schon darein gefunden haben.«

Conseil war verlegen, dass er unpassend gesprochen, und brach ab.»Meine Freunde«, sagte ich tief gerührt, »wir sind auf ewig miteinander verbunden, und Sie haben Ansprüche auf mich ...«

»Ich werde diese missbrauchen«, versetzte der Kanadier.

»Wie?« sagte Conseil.

»Ja«, fuhr Ned Land fort, »das Recht, Sie mit mir zu nehmen, wenn ich diese höllische ›Nautilus‹ verlassen werde.«

»Zur Sache«, sagte Conseil, »fahren wir in guter Richtung?«

»Ja«, erwiderte ich, »weil wir der Sonne zufahren, und hier ist die Sonne im Norden.«

»Allerdings«, fuhr Ned Land fort, »aber ich möchte wissen, ob wir wieder in den Pazifik oder Atlantik fahren, d.h. in besuchte oder verlassene Meere.«

Hierauf wusste ich nicht zu antworten, und ich fürchtete, Kapitän Nemo werde uns eher vielmehr in den ungeheuren Ozean führen, der Asien und Amerika zugleich bespült, um seine unterseeische Rundreise zu vollenden und dort seine Unabhängigkeit vollständiger zu finden. Aber was wurde dann aus Ned Lands Plänen?

Wir mussten über diesen wichtigen Punkt bald im reinen sein.

Die ›Nautilus‹ fuhr rasend schnell. Bald war man über den Polar

kreis hinaus, und nun ging es nach dem Kap Horn zu. Am 31. März, um 7 Uhr abends, befanden wir uns der Spitze Amerikas gegenüber.

Nun waren alle überstandenen Leiden vergessen, unsere Gedanken waren nur auf die Zukunft gerichtet. Kapitän Nemo zeigte sich nicht mehr, weder im Salon noch auf der Plattform. Da der Lieutenant jeden Tag die Lage feststellte und auf die Karte eintrug, so war ich imstande, die Richtung der ›Nautilus‹ genau aufzunehmen.

Diesen Abend nun war es zu meiner großen Befriedigung klar, dass wir durch den Atlantik wieder nach Norden fuhren.

Ich teilte dem Kanadier und Conseil das Ergebnis meiner Beobachtungen mit.

»Gute Neuigkeit«, erwiderte der Kanadier, »aber wohin fährt die ›Nautilus‹?«

»Das kann ich nicht sagen, Ned.«

»Will ihr Kapitän nach dem Südpol auch dem Nordpol Trotz bieten und durch die berufene nordwestliche Durchfahrt in den Pazifik kommen?«

»Man sollte ihn nicht dazu herausfordern«, erwiderte Conseil.

»Dann«, sagte der Kanadier, »werden wir zuvor uns davonmachen.«

»Jedenfalls«, fügte Conseil bei, »ist dieser Kapitän Nemo ein ganzer Mann, und wir werden nicht bedauern, seine Bekanntschaft gemacht zu haben.«

»Besonders, wenn wir von ihm fort sind!« versetzte Ned Land.

Am folgenden Tag, dem 1. April, als die ›Nautilus‹ an der Oberfläche fuhr, bekamen wir um Mittag westlich eine Küste in Sicht.

Es war Feuerland, ein Haufen Inseln, die sich zwischen 53 und 56° südlicher Breite und 67° 50ʹ und 77° 15ʹ westlicher Länge, 30

französische Meilen lang und 80 breit, erstrecken. Die Küste schien mir niedrig, aber in der Entfernung ragten hohe Berge empor. Ich glaubte sogar den Sarmiento zu sehen, der sich 2.070 Meter hoch über dem Meeresspiegel erhebt, ein pyramidaler Schieferblock mit sehr spitzem Gipfel, der, je nachdem er mit Dünsten umgeben oder davon frei ist, »gutes oder schlechtes Wetter anzeigt«, wie Ned Land sagte.

»Ein merkwürdiges Barometer, mein lieber Freund.«

»Ja, mein Herr, ein natürliches Barometer, das mich noch nie getäuscht hat, wenn ich in der Magellanstraße fuhr.«

Soeben zeigte sich diese Spitze in klarer Zeichnung vor dem Hintergrund des Himmels. Ein Wahrzeichen guten Wetters.

Die ›Nautilus‹ tauchte wieder unter und näherte sich der Küste, an der sie in einer Entfernung von nur einigen Meilen vorüberfuhr.

Durch die Fenster des Salons sah ich lange Lianen und Riesentang, das birntragende Meergras, wovon wir im freien Polarmeer einige Musterproben gesehen hatten; mit ihren glatten und klebrigen Fasern waren sie bis zu 1.300 Meter lang; wahre Taue, über einen Zoll dick und sehr zäh, dienen sie oft zum Festbinden der Schiffe.

Ein anderes Kraut, unter dem Namen Velp bekannt, mit 4 Fuß großen Blättern, die zwischen den korallenartigen Versteinerungen staken, bedeckte den Meeresgrund. Es diente Myriaden von Schal-und Weichtieren zum Lager und zur Nahrung; bot namentlich den Robben und Ottern ein prächtiges Mahl.

Über diesen fetten und üppigen Grund fuhr die ›Nautilus‹ mit äußerster Schnelligkeit. Gegen Abend näherte er sich dem Archipel der Falklands-Inseln, deren steile Gipfel ich am folgenden Morgen erkennen konnte. Die Meerestiefe war mäßig. Ich dachte daher, nicht ohne Grund, dass diese beiden Inseln umgeben von einer Menge Eilande, ehemals zu den Magellanischen Ländern gehörten.

Die Falklands-Inseln, die jetzt den Engländern gehören, hießen früher, als sie französisch waren, Malouinen.

In diesen Gegenden brachten unsere Garne schöne Sorten von Algen herauf und besonders eine Art Tang, an dessen Wurzeln die schönsten Muscheln hingen. Gänse und Enten ließen sich zu Dutzenden auf der Plattform nieder, und fanden bald ihren Platz in der Küche. Von Fischen beobachtete ich besonders eine Art Trichterfische, die 2 Dezimeter lang und ganz mit weißlichen und gelben Flecken besät waren.

Desgleichen hatte ich zahlreiche Quallen zu bewundern, die schönsten der Gattung, wie sie jenen Meeren eigentümlich sind.

Bald hatten sie die Gestalt eines halbrunden, sehr feinen Schirm

chens, das mit rotbraunen Streifen geschmückt war und in zwölf regelmäßige Blumengehänge endigte; bald bildeten sie ein umgekehrtes Körbchen, woraus reiche Blätter und lange rote Zweige herabhingen. Sie bewegten schwimmend ihre vier blattartigen Arme und ließen ihren reichen Haupt. schmuck von Fühlhörnern herabhängend in den Fluten treiben. Ich hätte gern einige Proben dieser zarten Zoophyten aufgehoben; aber es sind nur Wolken, Schatten und Schein; sie schmelzen und verdunsten, wenn sie aus ihrem Element herauskommen.

Als die letzten Höhen der Falklands-Inseln unterm Horizont verschwunden waren, tauchte die ›Nautilus‹ 20 bis 25 Meter tief unter und fuhr an der amerikanischen Küste entlang. Kapitän Nemo ließ sich nicht sehen.

Bis zum 3. April fuhren wir an den Küsten von Patagonien, bald unterm Ozean, bald an der Oberfläche. Die ›Nautilus‹ passierte die weite, von der Mündung des La Plata gebildete Untiefe und befand sich am 4. April Uruguay gegenüber, aber 50 Meilen auf hoher See.

Ihre Richtung war immer nördlich längs den Krümmungen der südamerikanischen Küsten. Wir hatten damals seit unserer Abreise aus den Japanischen Meeren 16.000 Lieue zurückgelegt.

Gegen 11 Uhr vormittags wurde der Wendekreis des Steinbocks unterm 37. Meridian durchschnitten, und wir fuhren auf hoher See an Kap Frio vorüber. Kapitän Nemo war, zum Ärger Ned Lands, nicht gern in der Nähe dieser bewohnten Küsten Brasiliens, denn er eilte mit schwindelhafter Schnelligkeit. Kein Fisch noch Vogel, so flink sie auch sein mochten, konnten uns begleiten, und die Naturmerkwürdigkeiten dieser Meere entzogen sich aller Beobachtung.

Diese reißende Eile dauerte einige Tage, und am 4. April abends bekamen wir die östliche Spitze Südamerikas, das Kap San Roque, in Sicht. Aber damals entfernte sich die ›Nautilus‹ abermals und suchte in größeren Tiefen ein unterseeisches Tal auf zwischen diesem Kap und Sierra Leone an der afrikanischen Küste. Dieses Tal teilt sich auf der Höhe der Antillen in zwei Richtungen und endigt nördlich in eine enorme, 9.000 Meter tiefe Einsenkung. An dieser Stelle bildet der geologische Aufriss des Ozeans bis zu den Klei

nen Antillen einen steilen senkrechten Abhang von 6 Kilometer und auf der Höhe der Kapverdischen Inseln eine andere, ebenso beträchtliche Wand. Diese beiden umschließen also die ganze versunkene Atlantis. Der Grund dieses ungeheuren Tals ist hier und da mit einigen Bergen besetzt, die malerische Ansichten bieten. Ich berichte dieses hauptsächlich nach den Karten im Manuskript, die offenbar von der Hand Kapitän Nemos aufgrund seiner persönlichen Beobachtungen herrühren.

2 Tage lang wurden diese öden und tiefen Gewässer vermittels der geneigten Ebenen besucht. Doch am 11. April stieg die ›Nautilus‹ plötzlich wieder zur Oberfläche, und wir bekamen das Land an der Mündung des Amazonas zu sehen, dessen Wasser so weit hin und so beträchtlich ausströmt, dass das Meer auf einige Meilen seinen Salzgehalt verliert.

Wir hatten den Äquator durchschnitten und ließen 20 Meilen westlich das französische Cayenne, wo wir leicht eine Zufluchtstätte gefunden hätten. Aber der Wind wehte zu stark, und die wütend aufgeregten Wellen hätten einem einfachen Boot nicht gestattet, ihnen zu trotzen. Ned Land sah dies wohl selbst ein, denn er sprach kein Wort mit mir. Ich meinerseits spielte nicht mit einem Wort auf seine Fluchtprojekte an, denn ich wollte ihn nicht zu einem Versuch veranlassen, der unfehlbar gescheitert wäre.

Ich entschädigte mich leicht für diese Verzögerung durch interessante Studien. Während dieser beiden Tage, am 11. und 12. April, blieb die ›Nautilus‹ auf der Oberfläche, und ihr Sacknetz tat einen wundervollen Fang an Zoophyten, Fischen und Reptilien.

Die Zoophyten waren zum großen Teil schöne Phyctalinen, zu den Strahlentieren gehörig, unter anderem eine in diesem Ozean einheimische Gattung mit kleinem zylindrischem Stamm, der mit vertikalen Linien und roten Punkten verziert, und mit einem wundervollen Strauß von Fühlfäden gekrönt war. Mollusken waren es von den bereits beschriebenen, Turmschnecken, durchsichtige Hyalen, Argonauten, vortreffliche essbare Tintenfische, einige Arten Calmar usw.

Von Fischen, die ich noch nicht zu studieren Gelegenheit hatte, bemerkte ich einige Arten. Unter den Knorpelfischen eine Aal

art, 15 Zoll lang, mit grünlichem Kopf, violetten Flossen, bläulich grauem Rücken, braunsilberfarbenem, lebhaft geflecktem Bauch, einem goldenen Ring um die Iris, merkwürdige Tiere, die im Süßwasser leben und vermutlich vom Amazonas hierher getrieben wurden; kleine, einen Meter lange Haie, unter dem Namen Pantoffelfisch bekannt, grau und weißlich, deren in mehreren Reihen stehende Zähne rückwärts gekrümmt sind; Fledermaus-Seeteufel, eine Art gleichschenkeliger Triangel, rötlich, einen halben Meter groß, mit einer fleischigen Verlängerung der Brustflossen, wodurch sie das Aussehen von Fledermäusen bekommen, und mit einem hornartigen Ansatz neben den Nasenlöchern, weshalb man sie See-Einhorn benannte; einige Sorten Hornfische u.a.m.

Von Knochenfischen beobachtete ich eine große Menge, deren Aufzählung zu langweilig sein würde. Ich hebe daraus hervor: Goldflosser, auf denen Silber- und Goldglanz mit Rubinen und Topasen sich mischen; phosphoreszierende Goldschwanzbrassen; hellrote Lippfische; 3 Dezimeter lange Sardinen mit lebhaftem Silberglanz. Besonders aber muss ich noch einen Fisch nennen, dessen Conseil noch lange Zeit gedenken wird.

Unser Garn brachte einen sehr flachen Rochen, der vollkommen wie eine kreisrunde Scheibe geformt war und 20 Kilogramm wog.

Er war oben weiß, unten rötlich mit großen tiefblauen, schwarz gerandeten Flecken, hatte eine sehr glatte Haut und eine zweilappige Flosse. Er zappelte auf der Plattform, versuchte durch krampfhafte Bewegungen wieder ins Meer zu kommen, und war im Begriff, mit einem letzten Satze diesen Zweck zu erreichen. Da stürzte sich Conseil auf ihn, und fasste ihn, ehe ich ihn noch abhalten konnte, mit beiden Händen.

Aber plötzlich lag er zu Boden geworfen und streckte die Beine in die Luft; an der Hälfte seines Körpers gelähmt, schrie er:

»Ach! Mein Herr! Mein Herr! Zu Hilfe!«

Unterstützt vom Kanadier hob ich ihn auf, und wir rieben ihn aus Leibeskräften. Als er wieder zum Bewusstsein kam, murmelte er mit gebrochener Stimme:

»Klasse der Knorpelfische, Ordnung der Knorpelflosser, mit

festen Kiemen, Unterordnung der Phosphoreszierenden, Familie der Rochen, Gattung der Zitterfische!«

»Jawohl, Lieber«, erwiderte ich, »ein Zitterfisch hat dich in den jämmerlichen Zustand versetzt.«

»Ach, mein Herr kann mir’s wohl glauben«, versetzte Conseil,

»aber ich werde mich an diesem Tier rächen.«

»Und wie?«

»Ich werde es aufzehren.«

Dies tat er noch denselben Abend, aber nur zur Revanche, denn offen gestanden, er war zäh wie Leder.

Es war ein Zitterfisch der schlimmsten Art, la Cumana, von dem Conseil getroffen wurde. Das seltsame Tier ist fähig in einer so leitungsfähigen Umgebung, wie das Wasser ist, mehrere Meter weit die Fische mit seinem Blitz zu treffen, so stark ist die Kraft seines elektrischen Organs, dessen beide Hauptoberflächen nicht weniger als 27 Quadratfuß messen.

Am folgenden Tag, dem 12. April, kam die ›Nautilus‹ in der Nähe der holländischen Küste, bei der Mündung des Maroni, vorbei. Dort lebten einige Trupps Seekühe beisammen. Es waren Manati, die gleich dem Dugong zur Ordnung der Sirenen gehören.

Diese schönen, friedlichen und unschädlichen Tiere, 6 bis 7 Meter groß, mussten wenigstens 4.000 Kilogramm wiegen.

Ich belehrte Ned Land und Conseil, dass die Sorge der Natur diesen Säugetieren eine wichtige Rolle zugewiesen habe. Sie haben in der Tat, gleich den Robben, die Obliegenheit, die unterseeischen Wiesen zu beweiden und also die Anhäufung von Kräutern zu zerstören, welche die Mündung der tropischen Flüsse versperren.

»Und wissen Sie«, fügte ich bei, »was erfolgt ist, seit die Menschen diese nützlichen Rassen fast ganz vernichtet haben? Die verfaulten Gewächse haben die Luft verpestet und das gelbe Fieber erzeugt, wodurch diese herrlichen Gegenden verödet werden.

Die Giftpflanzen sind unter diesen Meeren der heißen Zone zahlreicher geworden, und das Übel hat sich von der Mündung des Rio de la Plata bis nach Florida unwiderstehlich entwickelt!

Und darf man Toussenel glauben, so ist diese Plage noch unbedeutend gegen die, welche unsere Nachkommen treffen wird, wenn die Walfische und Robben in diesen Meeren vertilgt worden sind.

Dann werden sie, voll Polypen, Quallen, Kalmar, ungeheure Herde der Verpestung, weil es nicht mehr die weiten Mägen gibt, die von Gott beauftragt sind, die Oberfläche des Meeres abzuschäumen.«

Die Mannschaft der ›Nautilus‹, ohne jedoch diese Theorien zu verachten, erlegte ein halbes Dutzend dieser Manati. Es handelte

sich in der Tat darum, die Vorratskammer mit einem vortrefflichen Fleisch, das noch vorzüglicher ist als Ochsen- und Kalbfleisch, zu versorgen. Diese Jagd bot kein Interesse dar. Die Manati ließen sich ohne Widerstand erlegen. Einige Tausend Kilo Fleisch, zum Trocknen bestimmt, wurden an Bord gebracht. Ebenso wurden durch einen reichen Fischfang die Vorräte vermehrt.

Als der Fischzug vollendet war, näherte sich die ›Nautilus‹ der Küste. Hier schliefen eine Anzahl Seeschildkröten auf der Oberfläche des Wassers. Es würde schwergehalten haben, sich ihrer zu bemächtigen, da das geringste Geräusch sie aufweckt und ihr Schild sie gegen jede Harpune schützt. Aber mit Hilfe von Seeigeln, deren man einige im Garn gefangen hatte, gelang die Operation mit großer Sicherheit, denn dieses Tier ist wie eine Angel zu gebrauchen.

Die Bootsleute der ›Nautilus‹ befestigten an den Schwanz dieser Fische einen Ring, der weit genug war, um ihre Bewegungen nicht zu hindern, und an diesen Ring ein langes Tau, das mit dem anderen Ende an Bord fest war. Als die Tiere ins Meer geworfen wurden, fingen sie sogleich ihre Rollen an, schwammen hin und hängten sich an den Bauchschild der Schildkröten und hielten da mit solcher Zähigkeit fest, dass sie nicht mehr loszumachen waren. Man zog sie dann samt den Schildkröten an Bord.

Auf diese Weise fing man einige Cacuanen, die einen Meter lang waren und 200 Kilo wogen. Ihre Schilddecken, die mit großen, feinen, durchsichtigen, braun und weiß oder gelb gesprenkelten Horndecken bedeckt sind, haben einen hohen Preis. Zudem sind sie essbar und von ausgezeichnetem Geschmack.

Nach diesem Fang verließen wir den Amazonas und stachen während der Nacht wieder in die hohe See.

 

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