Blumenpflücken während der Fahrt verboten

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© Willi Schnitzler    

Gasse in Fès, Gemälde von Frank Buchser, 1878Während ich langsam in der Schlange vorrücke und den Rücken der hölzernen Gangway hinuntergehe, weiß ich, dass ich eine Grenze überschritten habe. Ich höre eine neue Sprache, ich rieche vom Wind herbeigeschafften Fisch, ich schmecke eine feine Trockenheit auf meiner Zunge. In einem scheinbar unentwirrbaren Knäuel stehen Polizisten, Wartende und – wie sich herausstellt – eine erkleckliche Anzahl von Führern, die mit Affenneugier die Ankömmlinge taxieren. Nur ein alter, auf dem Hosenboden etwas abseits sitzender Mann scheint sich widerstandslos in sein Schicksal gefügt zu haben, er merkt, dass er gegen die Jugend keine Chance mehr hat. Eine Gebetskette gleitet unmerklich durch seine Finger, während er sich mit geschlossenen Augen von der Sonne bescheinen lässt. – Und dann, als sich die Holzrippen unter meinen Füßen auflösen und ich afrikanischen Boden betrete, schält sich aus der Menge ein Mann in gestreifter, togaähnlicher Djellaba, die beim Gehen raschelt und lose an ihm hängt wie ein Wäschestück auf der Leine, und heftet sich an meine Fersen. Was ich auch anstelle, er ist nicht abzuschütteln. Der lebende Beweis, dass eine Klette nicht nur pflanzlich sein oder aus irgendeiner anderen botanischen Ecke stammen muss. Und während seine staubigen, abgenutzten Babouches aus weichem gelbem Leder neben mir herschlurfen, redet er pausenlos auf mich ein.

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Umweg nach Marrakesch

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© Willi Schnitzler     

Amazon_Umweg_nach_MarrakeschRückfahrt nach Tanger

In der Nacht nehme ich den Zug zurück nach Tanger. Beim Einsteigen schlägt mir der Geruch von kaltem Kaffee und nassem Hund entgegen. Die Sitze haben die Farbe von Mandeln. Als Kind habe ich ihr bitteres Aroma gehasst. Vom langen Tag müde bin ich gottlob allein im Abteil, bis sich Casablanca, einst ein verschlafenes Dorf, dann eine Piraten-Ansiedlung, heute eine lebendige Metropole, in der Mitternachtsstunde nähert. Der spanische Stadtname bedeutet „weißes Haus“, ihr arabischer Name ist Dar el Beida. Es verwundert nicht, dass auch hier die Zeit Trümmer und Tote begrub und das nicht nur kraft Kanonendonner und Musketenbeschuss, sondern auch weil die Erde bebte.

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Land der langen weißen Wolke

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Land der langen weißen Wolke. ReiseromanDie Südinsel Neuseelands war gerade aus dem versteinerten Kanu Mauis entstanden, da zog Tu-te-Rakiwhanoa, ein Maori-Gott, die Westküste entlang und schlug mit einer gewaltigen Axt Kerben ins Land. Da er jedoch wenig Erfahrung mit diesem scharfen Werkzeug hatte, fielen die durch die Hiebe hervorgerufenen Einschnitte sehr ungleichmäßig aus. Erst als er zum Milford Sound kam, konnte er einigermaßen mit seiner Arbeit zufrieden sein; die Kerben gelangen nun besser. Während Tu-te-Rakiwhanoa sich ausruhte, kam die Erdmutter herbei und überredete ihn, am Ende des Sunds eine ebene Fläche zu schaffen. Doch auch die Göttin des Todes, Te Hinu-nui-te-po, erschien. Da sie von den Wunderwerken des Schnitzers derart begeistert war und den Anblick des Fjordlandes mit niemandem teilen wollte, schuf die Tochter Tanes nach einer Legende die riesige Te Namu und viele andere Lebewesen, die all jene von diesem Ort fernhalten sollten, die, wie sie, von diesem Land des Wassers, des Regens, der Fjorde, der Farne, der Wasserfälle, der Katarakte und der Seen angezogen wurden.

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Friedrich Gerstäcker
1837 reiste Friedrich Gerstäcker erstmals in die USA und arbeitete in verschiedenen Berufen (als Heizer, Matrose, Jäger, Farmer, Koch, Silberschmied, Holzfäller, Schokoladenerzeuger, Hotelier). Da ihm das städtische Leben nicht zusagte, führte er das aufregende Leben eines Jägers. Seine Tagebuchaufzeichnungen aus Amerika schickte er seiner Mutter, die sie an Bekannte weitergab. Erste Auszüge daraus sollen in Robert Hellers Zeitschrift Rosen erschienen sein, sind allerdings bis heute nicht nachweisbar. Nach sechs abenteuerlichen Jahren, in denen er von Kanada bis Texas und von Arkansas bis Louisiana den Subkontinent durchwandert hatte, kehrte er voller Tatendrang 1843 nach Deutschland zurück. Er ließ sich in Dresden nieder, fertigte Übersetzungen bekannter Autoren aus dem Englischen an und veröffentlichte seine ersten schriftstellerischen Arbeiten in verschiedenen Zeitschriften. Die Regulatoren in Arkansas und Die Flußpiraten des Mississippi begründeten seinen schriftstellerischen Erfolg, Gerstäcker konnte seinen Lebensunterhalt künftig als Freier Schriftsteller sehr gut bestreiten.

 

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Friedrich Gerstäcker 1816-1872
Friedrich Gerstäcker wurde in Hamburg als Sohn des Opernsängers Samuel Friedrich Gerstäcker (1790-1825) (Darsteller des Max in der Dresdner Erstaufführung von Carl Maria von Webers „Freischütz“) und seiner Frau Friederike, geb. Herz (Opernsängerin) geboren. Nach dem Tod seines Vaters lebte er mit seiner Schwester Molly zunächst bei seinem Onkel, dem Hofschauspieler Eduard Schütz in Braunschweig und besuchte dort auch die Schule, das traditionsreiche Martino-Katharineum. Nach dem Abschluss der mittleren Reife begann er 1833 in Kassel eine kaufmännische Lehre, die er nach wenigen Monaten wieder abbrach. Zu Fuß kehrte er zur Mutter nach Leipzig zurück und eröffnete ihr, dass er nach Amerika auswandern wolle. Seine Mutter konnte ihn zu einer landwirtschaftlichen Ausbildung auf dem Rittergut Doeben bei Grimma als Vorbereitung für ein Leben als Farmer überreden. Gerstäcker war ein begeisterter Leser von Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe sowie der ersten Lederstrumpferzählungen von James Fenimore Cooper und gründete seine Vorstellung von der Neuen Welt gerade auf diese Lektüre. Gerstäcker bezeichnete sich stets als einen „Schüler Coopers“, erlebte die Realität im amerikanischen Westen und an der Grenze der Zivilisation und berichtete in seinen Romanen und Erzählungen wahrheitsgemäß und ohne romantische Ausschmückungen über das harte Leben der Siedler.

 

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