Friedrich Gerstäcker - Nach Amerika! Zweiter Band - Anmerkungen

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ANMERKUNGEN

1 Das in neuerer Zeit in Bremerhafen errichtete _Auswanderungshaus_ existirte damals noch nicht

2 Es ist leicht einzusehen daß nicht Jeder sein ganzes Gepäck, was er aus dem alten Vaterland mitnimmt, auch bei sich im Zwischendeck behalten kann, bald in der, bald in jener Kiste herumzustöbern, je nachdem er gerade dies oder jenes braucht, oder zu brauchen glaubt. Wo der Raum für einen Jeden nach einer bestimmten Anzahl von Kubikfuß eingetheilt wird, darf der Eine nicht mehr beanspruchen als der Andere, und die Räumlichkeit eines Schiffes ist nicht die eines Hauses mit so und so viel Stuben, Kammern und Boden. Hat der Auswanderer also _viel_ Gepäck, so suche er sich vor allen Dingen das, was er _unterwegs notwendig_ bei sich führen _muß_ (und je weniger das ist desto angenehmer ist es für ihn und die Anderen) und packe das in eine kleine Kiste, die am bequemsten drei Fuß lang, zwei Fuß breit und anderthalb oder zwei Fuß hoch sein kann und mit einem verschließbaren Deckel (weniger zweckmäßig sind Vorlegeschlosser, die leicht unterwegs abgestoßen werden können) versehen ist. Die Coyen sind gewöhnlich nur sechs Fuß und vielleicht einige Zoll lang, und hat man nur drei Fuß lange Kisten, die aber, der unteren Coyen wegen, nicht zu hoch sein dürfen, bei sich, so können vor der eigenen Coye zwei neben einander stehn, dienen, wenn geschlossen, zum Sitz, und nehmen nicht viel Raum, in dem ohnedies engen Zwischendeck ein. Das andere Gepäck muß aber in den _unteren_ Raum und aus dem Weg »weggestaut«, und was oben bleibt durch Taue und vorgenagelte Holzkeile so befestigt werden, daß es bei noch so starkem Schaukeln des Schiffs nicht im Stande ist zu weichen oder überzuschlagen, und Gliedmaßen wie selbst das Leben der Passagiere zu bedrohen.

3 Logis wird der Aufenthalt der Matrosen, vorn im Vorcastle unter Deck genannt, und die Kappe (sogenannte Logiskappe) ist ein kleiner Unterbau über dem Eingang nach unten, der Regen oder Spritzwellen verhindert hineinzuschlagen.

4 Ist es dem Capitain gefällig daß gegessen wird?

5 obgleich schon oft wiederholt, will ich doch noch einmal zur Verständnis des mit nautischen Ausdrücken nicht bekannten Lesers hier bemerken, daß die Leeseite eines Schiffes immer die dem Wind entgegengesetzte ist. Starbord oder Stürbord ist, wenn man am Steuerruder steht und nach vorn sieht, die rechte Lar- oder Backbord, die linke Seite des Schiffes. Kommt also der Wind mehr von der Starbordseite, so ist Backbord zugleich in Lee oder die Leeseite. Wenn der Wind genau von hinten kommt, hat daher das Schiff keine Leeseite. Die Luvseite, oder die zu windwärts, ist der Leeseite entgegengesetzt.

6 Auf allen Schiffen befindet sich eine sogenannte Medicinkiste, der ein kleines »Receptbuch« beigegeben ist. Die Medicinen sind sämmtlich in numerirten Flaschen und Gläsern und das Buch enthält hinter der Nummer die Angabe des Inhalts wie noch außerdem einen, vielleicht aus dreißig bis vierzig Seiten bestehenden Anhang, in welchem die Behandlung der verschiedenen Krankheiten mit Angabe der Nummer der dabei zu verwendenden Medicinen gegeben ist. Auf Kauffartheischiffen, auf denen sich keine Passagiere befinden, hat der Capitain die Medicinen »nach bestem Wissen« auszutheilen, falls Einer von seinen Leuten krank werden sollte, ja selbst auf vielen Auswandererschiffen befand sich, bis in die neueste Zeit, kein angestellter Arzt. Am liebsten helfen sich dabei die Rheder damit, irgend einen jungen Arzt oder Chirurgen für »halbe Passsage« mitzunehmen, der, selbst auf den längsten Reisen, dann die Unglücklichen, die ihm unter die Hände fallen, »behandelt.« Eine Controlle darüber findet, so viel ich weiß, nicht statt, wenn aber, scheint sie vollkommen ungenügend zu sein.

7 Heinrich Schmidt hat eine reizende kleine Erzählung »_the man of war_« in seinen »Seemannssagen und Schiffermärchen« darüber geschrieben.

8 Das »laufende Tauwerk« im Gegensatz zu dem »stehenden« (Pardunen und Stagen) werden die Taue genannt, mit denen die Raaen und Segel gerichtet und gestellt, und aus- und eingezogen werden. Hängt man, und den Passagieren auf Auswandererschiffen kann da in der That nicht streng genug aufgepaßt werden, Wäsche an diesem »laufenden Tauwerk«, und kommt plötzlich einmal eine Bö auf, bei der es davon abhängt daß die Segel rasch geborgen werden, wenn sie nicht zerreißen, ja in einzelnen Fällen den Mast, oder doch wenigstens eine Stenge mit über Bord nehmen, so klemmen sich Hemden und Strümpfe in die Blöcke ein, die Taue können nicht arbeiten, und die gefährlichsten Folgen allerdings dadurch entstehn.

9 Wanten ist das, was der Landmann im gewöhnlichen Leben und sehr unrichtig _Strickleitern_ nennt, und sie bestehen aus den Pardunen welche die Maste fest und unbeweglich auf ihrer Stelle halten, daß sie nicht nach Starbord oder Larbord hinüberschwanken können, und sind durch dünne Seile »_Wevelien_« genannt, mit einander leiterartig verbunden. Jeder Mast hat seine Wanten zu Starbord und Larbord.

10 Raaen sind die Querbalken an den Masten an welchen die Segel befestigt werden.

11 Südwester heißen die aus Leinwand gemachten und steif getheerten Seemannskappen, deren breites und langes Schild im Nacken sitzt, diesen gegen den Regen zu schützen.

12 Die Schutzwand, die das Deck rings umgiebt.

13 Küche

14 Ueber Stag gehn, wenden, kreuzen.

15 Man sagt auf See, wenn der Wind günstiger wird, »er räumt auf«, im entgegengesetzten Falle aber »er schrahlt weg!«

16 Es läßt sich denken, daß auf See nicht immer ein günstiger Wind weht, den Schiffer gerade dahin zu treiben, wohin er eben will. Wenn die Schiffe also nicht ihren gewünschten Cours steuern, oder (auf dem Compaß) »anliegen« können, so müssen sie eben _laviren_ oder gegen den Wind aufkreuzen. Dies ist aber nur durch die verschiedene Stellung der Segel möglich und der Raaen, an denen die Segel festsitzen können deshalb nach den verschiedenen Seiten hin angeholt (gebraßt) werden. Das Princip des Segelns, unter diesen Verhältnissen, ist ungefähr das der schräggestellten Windmühlenflügel; die Windmühle steht aber fest, und das Schiff würde durch einen Seitenwind zu viel abgetrieben werden (Abdrift machen) wenn es eben nicht so tief im Wasser ginge, und der scharfe Kiel so stark wiederhielte. Das Steuer hilft dabei ebenfalls mit, das Schiff trotz ungünstigem Winde gegen diesen anzuhalten, und den Segeln Gelegenheit zu geben es vorwärts zu treiben, was selbst geschehen kann, wenn der Wind nicht einmal mehr blos von der Seite, sondern sogar mehr von vorn kommt. Der Compaß ist in 32 Striche getheilt, und es wird angenommen daß ein mit Querraaen versehenes Schiff mit _sechs_ Strichen in den Wind liegen kann d. h. wenn der Wind z. B. von Norden weht, im Stande ist nach West-Nord-West oder nach Ost-Nord-Ost zu liegen. Das, bald nach der einen bald nach der anderen Richtung hinüberhalten nennt man eben laviren oder aufkreuzen; das Schiff gewinnt dabei jedesmal etwas in seinem Fortgang nach Norden, und was es über den einen Bug zu viel nach Osten hinüberkommt, macht es, wenn es über den anderen Bug nach Westen liegt, wieder gut. Es ist klar daß ein Schiff, je dichter es im Stande ist am Wind zu liegen, auch desto leichter und erfolgreicher laviren und sich zu luv- oder windwärts hinaufarbeiten wird.

Das Wenden des Schiffes geschieht dadurch, daß man die, z. B. erst zu Backbord scharf angebraßten Segel löst, und nach Starbord oder auf die andere Seite hinüberbraßt, oder anzieht — und umgekehrt. Mit dem Steuer wird dann nachgeholfen, und die Segel, welche den Wind erst von der einen Seite faßten, fassen ihn nun von der anderen.

17 Ein Auswandererschiff erreichte vor einer Reihe von Jahren eines Abends den Hafen von New-York, aber die Nacht brach ein, es wurde dunkel und die Brise heftiger, so daß der Capitain lieber den Morgen abwarten wollte, einzulaufen. Die Nacht erhob sich ein Nord-Wester, das Schiff wurde wieder in See zurückgeworfen und brauchte nachher noch drei volle Wochen, ehe es im sicheren Hafen Anker werfen konnte.

18 Clüverbaum ist das was die Stenge auf den Masten ist, die Verlängerung des Bugspriets, an der die vorderen dreieckigen Segel (Clüver) befestigt sind.

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