Märchen der Maori

Das Märchen von Kohuki und seinen zwei Frauen
Märchen sowie romantische und abenteuerliche Epen verkürz­ten manch langen Winterabend oder Regentag, wobei die Liebe zur Ausführlichkeit einer Geschichte nicht selten dazu führte, dass eine Erzählung mehrere Abende in Anspruch nahm. Die Erzähler wussten geschickt Altes mit Neuem zu verweben, sodass ein und die­selbe Geschichte in zahlreichen Variationen auftauchen konnte.

Das Märchen von Kohuki und seinen zwei Frauen

Vor langer Zeit da lebte ein Mann namens Kohuki, der hatte zwei Frauen; die eine hieß Korire, die andere Tuhoropunga. Der Mann ging in den Sommermona­ten hinaus, um Vögel zu fan­gen und zu fischen; seine Frauen aber blieben daheim, flochten künstliche Körbe und verfertigten Gewänder. Sie sammelten auch Holz und bereiteten das Mahl, während ihr Gebieter seiner Arbeit nachging. Auch auf dem Felde gab es zu tun, wo süße Kartoffeln und Kürbisse gepflanzt wurden – zu jener Zeit die Hauptnahrung der Maori – und im Walde wurden wilde Beeren ge­sammelt, wenn sie reif waren.

Einer Tages ging Kohuki auch wieder fort. Seine Frauen hal­fen ihm den Kahn flott machen, er brachte sein Fischzeug an Bord und ruderte weg. Abends kam er zurück mit einer großen Menge Fische. Er rief seine Frauen. Korire kam und trug die Fische ins Dorf, ein Teil davon wurde gekocht und gegessen, die übrigen zum Trocknen aufgehängt.

Am folgenden Tag zog Kohuki wieder aus auf den Fischfang und kam abends mit einer Ladung von »Schnappern« zurück. Diesmal rief er seiner Frau Tuhoro­punga, sie solle die Fische holen, ging ins Dorf und setzte sich vor seine Hütte, um auszuruhen.

Tuhoropunga ging nach dem Strand; aber am Ufer auf einer Felsklippe rief sie nach den Vögeln der Luft und beschwor dieselben, ihr Federn zu leihen und einen Schnabel zu ge­ben. Die Vögel hörten die Stimme und flogen herbei. Sie rupfte ih­nen die Federn aus und steckte sie sich an den Leib; dann machte sie sich Flügel und nahm einen langen Schnabel für ihren Mund. Als sie mit allem fertig war, flatterte sie mit ihren Flügeln und sah mit Stolz auf ihre Schönheit. Sie streckte ihren langen kranichartigen Hals aus und konnte mit dem Schnabel, den sie sich gemacht hatte, von der Höhe, auf der sie stand, bis hinab in den Kahn reichen. So aß sie wie ein Seevogel alle Fische auf. Darauf schüttelte sie die Federn und den Schnabel wieder ab, kehrte ins Dorf zurück und sagte zu ihrem Mann:

»Gewiss, du wolltest nur Scherz mit mir treiben. Wo sind die Fische, welche du heute gefangen?«

»Im Kahn sind sie«, war die Antwort.

»Da sind keine Fische, ich machte den Weg umsonst«.

»Hast du sie dort nicht gesehen?«

»Nein, es muss sie jemand gestohlen haben«.

»Das ist unmöglich«, sagte der Mann, »wer wollte so etwas tun?«

»Aber sie müssen gestohlen sein«, rief Tuhoropunga, »im Kahn sind keine Fische, geh hinunter und sieh selbst nach.«

Der Mann ging hinunter zum Ufer und siehe da, es waren keine Fische in dem Kahn, und er wunderte sich nicht wenig, was hier geschehen sein möge.

Kohuki ging abermals auf den Fischfang. Bei seiner Rückkehr rief er sein Weib Korire, dann ging er hinauf ins Dorf und setzte sich wieder vor seine Hütte. Kori­re gehorchte der Stimme ihres Gemahls; Sie ging sogleich zum Strand, brachte die Fische herauf, kochte sie und setzte dieselben ihrem Mann vor. Das Herz Ko­hukis war voll Freude, als er sah, wie aufmerksam sein Weib Korire für ihn sorg­te.

Nach diesem ging Kohuki wieder auf den Fischfang. Als er am Abend in sein Dorf zurückkam, schickte er sein Weib Tuhoro­punga, damit sie die Fische aus dem Kahn hole. Tuhoropunga tat, als ob sie ihrem Mann gehorchte; aber als sie zu jener Felsklippe am Strand kam, verwandelte sie sich wieder in einen Vogel, wie früher, aß alle Fische auf, dreihundert an der Zahl, und kam in ihrer mensch­lichen Gestalt nach Haus zurück.

»Wo sind die Fische?«, fragte ihr Mann.

»Vielleicht liegen sie noch im Kahn«, sagte Tuhoropunga in spöttischem Ton.

»Warum hast du sie dort gelassen?«

»Das hat seine guten Gründe«, sagte die Frau, »es war ja kein einziger Fisch im ganzen Kahn.«

Als der Mann dies hörte, schwieg er still; denn es kam ihm der Verdacht, dass Tuhoropunga die Fische gegessen habe.

Es dauerte nicht lange, so zog Kohuki wieder aus, um zu fischen, und wie ge­wöhnlich machte er einen guten Fang; denn Fische gab es im Überfluss an diesem Ort. Als er mit seinem Kahn ans Ufer zurückkam, rief er:

»Korire, komm und trage die Fische weg«.

Tuhoropunga aber ahmte die Stimme Korires nach und sagte:

»Ja ich komme gleich, Kohuki«.

Tuhoropunga hatte nämlich Korire nach Feuerholz in den Wald geschickt, damit sie bei der Rückkehr ihres Mannes in Kori­res Abwesenheit die Fische aufes­sen konnte, wie früher.

Als nun Korire nicht gleich erschien, rief ihr Mann noch einmal:

»Korire, wo bist du?«

»Ich bin zuerst da«, sagte Tuhoropunga und eilte hinab zum Strand. Aber als Kohuki ihrer ansichtig wurde, sagte er zu sich:

»Da kommt der schlaue Fischdieb wieder!« und ging ins Dorf.

Als Tuhoropunga die schönen Fische sah, bekam sie abermals Lust, sich in ei­nen Vogel zu verwandeln und dieselben auf­zuessen. Sie verwandelte sich also wie früher, aß die Fische und kehrte dann mit der unschuldigsten Miene von der Welt nach Hause zurück.

»Weib, wo sind die Fische?«, fragte Kohuki.

»Im Kahn«, erwiderte sie.

Kohuki schickte nun sein Weib Korire, die unterdessen nach Hause gekommen war, fort, um nach den Fischen zu sehen, aber sie fand nicht einen einzigen Fisch mehr im Kahn.

Nun war es mit Kohukis Geduld vorbei, er wollte nichts mehr mit seinem Weib Tuhoropunga zu tun haben und überlegte bei sich, wie er ihrer los werden könnte. Aber da er noch nicht recht wusste, auf welche Art die Fische verschwunden wa­ren, wollte er Tuhoropunga noch einmal auf die Probe stellen und beschloss sie, streng zu beobachten, um endlich einmal Gewissheit zu erlangen, ob es wirklich Tuhoropunga war, welche die Fische aufaß oder ob dieselben vielleicht durch Zaube­rei unsichtbar wurden. Er dachte die ganze Nacht über einen Plan nach, und kaum graute der Morgen, so ruderte er noch einmal fort, um zu fischen. Er kam zurück mit einem ganzen Kahn voll Fische, es waren gegen vierhundert. Er ging stracks ins Haus und befahl seinem Weib Tuhoropunga, die­selben hinauf zu holen. Sie ging nach dem Strand; ihr Mann aber schlich ihr diesmal leise nach und versteckte sich in den Schilf in der Nähe des Kahns an einem Platz, von wo er alles beobachten konnte. Tuhoropunga hatte keine Ahnung da­von, dass ihr Mann ihr aufpasse; sie kam leichten Sinnes da­her und begann an ihrem Lieblingsplatz ihre gewöhnlichen Beschwörungsformeln. Die Vögel kamen auf ihren Ruf. Dann hüllte sie sich in Federn und nahm den Schnabel des Kawau. Als solches gesche­hen, breitete sie ihre Flügel aus, streckte den Hals nach dem Kahn, bis der Schnabel hinab­reichte und begann ihr Mahl. Sie hatte schon dreihundert Fische verzehrt und ihr Mann betrachtete mit großem Erstau­nen sein wunderbar verzau­bertes Weib; aber als sie am vier­ten Hundert war, kam er aus seinem Versteck hervor und rief:

»Aha, jetzt habe ich dich, du bist es, die mich immer um die Fische gebracht hat?«

Tuhoropunga aber nahm in einem Augenblick ihre menschliche Gestalt wieder an und erwiderte:

»Nein, mein Mann, siehe, ich bin ein gewöhnliches Menschen­kind«.

»Und doch bist du es, die immer unsere Fische verzehrt hat«.

»Nein, Kohuki«, sprach Tuhoropunga mit unschuldiger Miene, »dies ist das erste Mal, dass ich die Fische versucht habe«.

Nicht lange nach diesen von dem Vogelweib Tuhoropunga mit­tels ihrer Zau­berkräfte ausgeführten Streichen sagte Kohuki eines Tages zu ihr:

»Komm, lass uns beide in den Wald gehen, um Feuerholz zu sammeln«.

Tuhoropunga folgte und ging mit; denn sie heuchelte immer große Unterwür­figkeit gegen ihren Mann.

Ihr Weg führte sie weiter und immer weiter, sie stiegen von einer Schlucht in die andere, erklommen eine Höhe nach der anderen, und Tuhoropunga konnte sich nicht genug wundern über das viele Holz, das gesammelt wurde, und dass sie so weit wanderten, um es zu holen.

»Wie weit gehen wir noch«, fragte sie immer wieder ihren Mann, als sie so über Tal und Berg dahin schritten. Aber Kohuki achtete nicht auf die Frage und ruhte nicht, bis sie ein paar Dutzend Hügel hinter sich hatten. Sie hatten dürre Zweige genug für den Haushalt, und Tuhoropunga, als sie sah, dass ihr Mann noch immer im Walde herumsuchte, fragte endlich:

»Werden wir jetzt nicht nach Hause zurückkehren?«

»Warte noch ein wenig«, war die Antwort.

»Aber der Weg ist lang und beschwerlich«.

»Wir brauchen uns nicht zu beeilen, es geht ja heimwärts«.

Als Kohuki so sein Weib beruhigt hatte, ging er schnell seitwärts ins Dickicht und mithilfe einer Zauberformel be­fahl er den Bäumen des Waldes und den Grä­sern auf dem Felde, Tuhoropungas Rufe zu antworten, damit sie getäuscht werde und er indessen Zeit finde, sich davon zu machen und Tuhoropunga ihrem Schick­sal zu überlassen. So geschah es, und Kohuki eilte davon zu seinem geliebten Weib Korire. Mit dieser hatte er ausgemacht, gleich nach seiner Rückkehr den jetzigen Wohnsitz zu verlassen und nach einer anderen fer­nen Gegend zu segeln, wo Korires Verwandte wohnten. Korire hatte die Weisung, während seiner Ab-wesenheit alle Sachen und auch das Fischzeug nach dem Kahn zu bringen, damit al­les zur Abfahrt bereit sei. Als nun Kohuki die Wohnung er­reichte, war alles fertig, und er und Korire bestiegen den Kahn und segelten nach der Gegend, wo Korires Verwandte lebten. Unterdessen irrte Tuhoropunga im Walde umher und suchte ih­ren Mann. Sie rief laut seinen Namen und jeder Baum antwortete, sogar das Gras sprach: »Hier bin ich!« Sie hörte die Stimmen, sah aber niemand und wurde fort und fort getäuscht. Endlich beschloss sie, nach Hause zu gehen und hoffte den Verlorenen dort zu finden. Sie kam müde und matt zu der Hütte und rief mit lauter Stimme: »Kohuki, Ko­huki, wo bist du!« Da antworteten die Pfosten der Hütte und die Dachsparren: »Hier bin ich«, aber kein Fußtritt ließ sich hören und kein menschliches Wesen war zu erblic­ken, alles war still und öde. Da kam Tuhoro­punga plötzlich ein Gedanke. Sie ging an den Strand, und als sie sah, dass Kohukis Kahn nicht an seinem gewöhnlichen Platz war, ahnte sie, was geschehen. Um der Flüchtigen vielleicht noch an­sichtig zu werden, bestieg sie einen Hügel und sah hinaus übers Meer nach Norden und Süden; sie sah aber nichts als den Schaum der Wellen, wie diese übereinander rollten. Noch einmal schaute sie hinaus und richtete ihre Blicke nach Westen, da erschien in weiter Ferne ein schwarzer Punkt auf dem Wasser; das war, sie wusste es, Kohukis Kahn, und sie war voll Freude; denn mithilfe ihrer vielen Zauberkünste hoffte sie, den Kahn noch einzuholen.

Tuhoropunga begann sogleich ihre Beschwörungen und rief den Seevögeln; aber es kam keiner, um zu helfen, als der Kawau; dem raubte sie sein schönes Gefieder und ließ ihn blutend und sterbend liegen; denn sie war ein herzloses Weib. Bald hatte Tuhoropunga wieder ihre Vogelgestalt, breitete die Flügel aus und flog seewärts in der Richtung jenes schwar­zen Punktes, den sie als den Kahn Kohukis erkannt hatte. Wenn sie müde war, senkte sie ihre Flügel und ließ sich von den Wellen tragen, sodass ihre Federn in den weißen Schaum des Meeres tauchten. Dann erhob sie ihre Schwingen wieder und flog hoch durch die Lüfte über der wogenden Tiefe. Jetzt war sie in der Nähe des Kahns. Sie sah Kohuki und Korire, und diese sahen den Vogel, der lustig zur Seite des Kahns hin und her flog und spielte. Kohuki hatte keine Ahnung, dass sein Fisch essendes Weib in der Nähe war; er glaubte, sie werde zu Hause elendiglich umkommen und keine Spur von ihm haben.

Der Kahn war eben nicht fern vom Land, und da Kohuki Lust hatte zu fischen, ließ er den Anker, der aus einem Stein in einem Korb bestand, fallen und warf die Angel aus. Korire fischte nicht mit, denn es ging ihr nach Art der Frauen. Sie saß aufs Schönste geschmückt im Kahn und trug ihre be­sten Gewänder, den Kopf schmückte eine weiße Feder, welche sich zierlich in ihren Haaren wiegte, und der Flaum des Albatroß hing ihr in schneeigen Flocken an den Wangen herab.

Korire war schön und eine wahre Häuptlingsfrau. Ihr Mann betrachtete sie mit Wohlgefallen. Er liebte sie von ganzer Seele; denn sie war nicht nur schön, son­dern auch gut und voller Würde, wie es ihrem Stande geziemte.

Kohuki hatte schon eine Weile gefischt, und Korire bat ihn, jetzt den Anker heraufzuholen und die Fahrt fortzusetzen. Aber vergebens bemühte sich Kohuki, den Anker vom Boden loszubringen; denn Tuhoropunga in ihrer Vogelsgestalt war untergetaucht und hielt den Anker fest. Kohuki strengte seine ganze Kraft an, aber umsonst. Der Anker ließ sich nicht bewegen. »Vielleicht sitzt er in einer Felsspalte fest«, sagte Kohuki, »ich will untertauchen.« Er tauchte unter, aber er sah nichts und in der Meinung, dass alles in Ordnung sei, kam er wieder an die Oberfläche und ergriff das Tau; jedoch zu seiner großen Verwunderung war es unbe­weglich, wie bisher. Dreimal tauchte er ins Wasser, aber er konnte nichts bemerken, was den Anker festhielt; denn Tuho­ropunga ließ jedes Mal los, wenn Kohuki im Wasser war, kaum aber hatte er wieder die Oberfläche erreicht, so ergriff sie von Neuem das Ankertau und hielt es fest.

Korire sah die Unruhe ihres Mannes und die Erfolgslosigkeit seiner Anstren­gungen und sagte: »lass mich einmal untertau­chen und es versuchen.«

»Aber warum, Korire?«

»Weil du dich umsonst geplagt hast«.

»Und glaubst du, glücklicher zu sein?«

»Vielleicht, vielleicht auch nicht, ich wills versuchen«.

Und das brave Weib legte ihr schönes Gewand ab; nur die Federn, welche so lieblich mit den Seelüften spielten, be­hielt sie auf dem Kopf.

Kohuki wurde ganz traurig, als er sein schönes Weib ins Meer tauchen sah, zu seiner Freude kam sie aber schnell wieder zum Vorschein, – wenigstens glaubte er, sie sei es – stieg in den Kahn, setzte sich nieder und warf den Mantel um, der zur Seite lag. Aber auch, es war nicht Korire, son­dern Tuhoropunga, welche jetzt im Kahn saß und durch ihre Zauberkräfte den armen Kohuki täuschte. Sie hatte die Ge­stalt Korires angenommen, ahmte ihre Stimme nach und hatte Korire im Was­ser noch dazu ihres Kopfputzes und der Ohrge­hänge beraubt und sich damit auf­geputzt. Als sie sich zurechtgesetzt hatte, forderte sie ihren Mann auf, den Anker aufzuholen und Segel zu setzen; er tat so, da nun kein Hin­dernis mehr war, und sie fuhren weiter.

Der Kahn hatte sich kaum in Bewegung gesetzt, als in der Tiefe des Wassers eine menschliche Gestalt sichtbar wurde und eine Stimme flehentlich ausrief:

»Kohuki, Kohuki, komm her mit dem Kahn und rette mich!«

»Was ist das, was für eine Stimme höre ich!«, rief Kohuki voll Bangen.

»Du bildest dir nur etwas ein, ich höre nichts«, sagte Tu­horopunga.

»Nein, ganz gewiss, ich höre eine Stimme und dort im Wasser sehe ich, wie wenn jemand mit den Wellen kämpft; es war mir ganz, als ob es Korires Stimme wäre«.

»Aber ich, Korire, bin ja da«, erwiderte das Weib im Kahn, »und die Gestalt, welche du dort siehst, ist ohne Zweifel die Zauberin Tuhoropunga, »schau, sind das nicht die Gewän­der deines Weibes und sieh, geht es mir nicht nach Art der Weiber?«.

Tuhoropunga aber hatte eine große Menge Seewasser getrun­ken, um Korire auch in dieser Beziehung ähnlich zu sein.

Kohuki gab sich mit diesen Versicherungen zufrieden und segelte weiter, Tuho­ropunga, wie er glaubte, dem Tod in den Wellen überlassend, wiewohl es ihm ein Rätsel war, wie sie hierher gekommen. Schweigend saß Tuhoropunga im Kahn und übte in aller Stille ihre Zauberei aus, welche bewirkte, dass sich der Kahn von Kopuaroa weg nach einer Gegend wand­te, wo sie hinzukommen wünschte. Der Kahn glitt sanft über das Wasser, bald hatten sie das Land erreicht und wurden von den Leuten daselbst freundlich aufgenommen. Sie wohnten auch lange dort, denn es war schön in der Gegend und alles so, wie Tuhoropunga es sich ge­wünscht hatte.

Es mag sein, dass man an diesem Märchen einen versöhnlichen Schluss vermisst, aber bei den Erzählungen eines Naturvolkes, das weder ein Wort für Dank oder Dankbarkeit besitzt, darf man keine moralphilosophischen Reflexionen erwarten.   Es ist ganz und gar der Denkweise und dem Gefühl der Maori ent­sprechend, dass die Hinterlist und die Schlauheit den Sieg über die Tugend davon trägt. Wie bei vielen anderen Völkern auch, findet man nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse, extreme Pole, aber nichts, was irgendwie dazwischen läge.

Im Gegensatz zum Märchen kleideten die Eingeborenen gewisse Lebensregeln und allgemeine Wahrheiten in die Form von Fa­beln (He korero tara) oder Sprich­wörtern (Wakatauki).

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